Digitalisierung im Einzelhandel - Mit kleinen Schritten zu schnelleren Prozessen in eine digitale Zukunft
Die Digitalisierung macht auch vor dem deutschen Einzelhandel nicht halt. Das Problem: Zahlreiche Einzelhändler sind noch immer nicht bereit für den digitalen Wandel. Dies zeigt eine Studie der Universität Regensburg in Zusammenarbeit mit 41 Industrie- und Handelskammern und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Wir fassen die Ergebnisse zusammen und skizzieren Wege zu einem digitalen Einkaufserlebnis.
Die Studie der Uni Regensburg zeigt: 54 Prozent der Einzelhändler verkaufte 2017 ausschließlich stationär. Immerhin plante ein Teil von ihnen (37 Prozent), bis 2022 ihre Waren auch online zu vertreiben. Der Gruppe der rein stationären Händler (54 Prozent) unter den Befragten stehen reine Online-Händler (11 Prozent) sowie sogenannte Multikanal-Händler (35 Prozent) mit einem Mix aus Ladengeschäften und Online-Kanal gegenüber. Immerhin: Eine Nachfolgestudie im Jahr 2020 zeigte einen Anstieg in der Nutzung digitaler Vertriebskanäle: 51 Prozent der Einzelhändler verkaufen auch online.
Wie sieht Ihre digitale Strategie aus? Was können Sie als Einzel- oder Großhändler unternehmen, um in der Digitalisierung nicht den Anschluss zu verpassen?
Die Digitalisierung im Handel
Die rasante Entwicklung des Online-Handels hat der Einzelhandel 2017 bereits erkannt: 70 Prozent der Befragten bezeichnen den Einfluss, den die Marktmacht von Branchenriesen wie Amazon oder eBay auf ihr Geschäftsmodell hat, als „hoch“ bzw. „sehr hoch“. Die weltweite Corona-Pandemie hat die digitale Weiterentwicklung nicht nur in Unternehmen, sondern insbesondere auch im Handel vorangetrieben. Während 2020 noch 86 Prozent der Umsätze im stationären Handel erzielt werden, schätzen die Befragten diesen Anteil für 2025 auf nur noch 75 Prozent.
Betrachtet man die digitale Strategie im Einzelhandel geben laut einer Statista-Befragung Ende 2019 unter 500 deutschen Groß- und Einzelhändlern immerhin 40 Prozent an, eine zentrale Strategie für den digitalen Wandel zu verfolgen oder zumindest Teilbereiche digital nach vorne zu bringen (30 Prozent). Jedoch verbleibt noch immer ein beachtenswerter Anteil (27 Prozent), der zum Zeitpunkt der Befragung keine Strategie im Bereich der Digitalisierung vorweisen kann.
Die Erkenntnis: Ein Online-Shop allein ist nicht genug
Die Eröffnung eines Onlineshops ist sicherlich der naheliegendste und einer der wichtigsten Schritte für den digitalen Wandel. Zu einem digitalen Gesamtkonzept gehört jedoch weit mehr. Um mitzuhalten, sollten Sie die Sichtbarkeit Ihres Unternehmens erhöhen sowie die Bindung zu Ihren Kunden stärken. So ist etwa der Eintrag bei Google-My-Business für die meisten Kund:innen eine der ersten Anlaufstellen – selbst für den stationären Handel. Auf einen Blick sind Informationen wie Öffnungszeiten oder auch die wichtigen Bewertungen anderer Kundschaft zugänglich. Auch Ihre Webseite, der Facebook-, Instagram- oder Twitter-Auftritt gehören zum digitalen Auftritt und sollten entsprechend gepflegt werden um ein zufriedenstellendes Nutzungserlebnis zu bieten.
Know-how erweitern und Infrastruktur schaffen
Neben den Faktoren Zeit und Geld stellen insbesondere Wissenslücken zum Thema Digitalisierung einen Bremsklotz für die digitale Zukunft dar. Gerade viele kleinere Betriebe agieren in zahlreichen Unternehmensbereichen noch analog. Und selbst wenn im privaten Bereich bereits moderne Technologien zum Einsatz kommen, kann das Wissensdefizit im beruflichen Bereich groß sein. Hier gilt es, Unsicherheiten, die sich auf die Technik oder Themen wie den Datenschutz beziehen, aus dem Weg zu räumen, sich entsprechendes Wissen durch eigene Fortbildung anzueignen bzw. professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Schaffen Sie zudem die erforderlichen Voraussetzungen für den digitalen Wandel im Unternehmen. Für viele Unternehmen bedeutet das zuerst einmal die grundlegende Investition in eine schnelle und stabile Internetverbindung, von der sämtliche Mitarbeitende profitieren. Weiterhin sollten die passenden Tools für den Arbeitsalltag identifiziert und angeschafft werden.
Probleme und Defizite identifizieren
Bevor Sie sich mit der Einführung neuer Tools und Technologien beschäftigen sollten Sie den Status Quo in verschiedenen Unternehmensbereichen erfassen. Dazu gehören unter anderem interne Prozesse und tägliche Arbeitsabläufe, die Organisation und Kommunikation im Team sowie der letztendliche Umgang mit dem Kunden. Holen Sie sich dazu das Feedback der eigenen Beschäftigten und bestenfalls auch das der Kundschaft in Form von Umfragen ein: Was erwarten Kund:innen vom Nutzungserlebnis, dem Internetauftritt und dem Verkaufsprozess. Mit welchen täglichen Herausforderungen und Problemen sehen sich Mitarbeitende täglich konfrontiert – etwa in der Bestandsführung oder den Lieferketten.
Optimierung des digitalen Auftritts
Da Ihre Kundschaft vorwiegend digital unterwegs ist, sollten auch Sie einem professionellen, digitalen Auftritt oberste Priorität beimessen. Dazu gehören neben einer professionellen und übersichtlichen Webseite gegebenenfalls auch die zu Ihrer Zielgruppe passenden Social-Media-Kanäle (Facebook, Instagram, Twitter, YouTube). Bereits 2015 stellte Deloitte in einer Studie zur Digitalisierung im deutschen Einzelhandel fest, dass sich 54 Prozent der Kundschaft, die einen stationären Handel aufsuchen, vorab bevorzugt online informieren, anstatt sich im Ladengeschäft beraten zu lassen. Die Kaufentscheidung wird demnach bereits vor dem Aufsuchen des Geschäftes getroffen.
Auch online abrufbare Bewertungen beeinflussen potenzielle Kund:innen in ihrer Entscheidung. In einer Studie des Anbieters für Online-Marktplätze Capterra gaben 48 Prozent der Befragten an, oft Reviews im Internet zu lesen, 26 Prozent informieren sich sogar vor jedem Kauf anhand von Online-Bewertungen. Demgegenüber geben 84 Prozent der Unternehmen an, Kundenbewertungen nicht gesondert auszuwerten – weitere 23 Prozent würden gar überhaupt nicht auf Kundenbewertungen eingehen bzw. diese beantworten.
Eine Folgestudie im November 2020 – während der weltweiten Corona-Pandemie – kam zu dem Ergebnis, dass das Vertrauen, dass die Kundschaft Online-Bewertungen bzw. auch der Empfehlung von Freunden und Bekannten entgegenbringt, zunimmt. Das Vertrauen in die Expertenmeinung sinkt um den gleichen Wert gegenüber 2019.
Digitales Einkaufserlebnis im stationären Handel
Die positiven Erfahrungen, die die Kundschaft in den vergangenen Jahren im Bereich Online-Shopping sammeln konnte, haben ihr Nutzungsverhalten sowie ihre Erwartungshaltung stark beeinflusst. Detaillierte Informationen sowie die Verfügbarkeit von Produkten, nachvollziehbare und damit planbare Warenzustellung und auch individualisierte Vorschläge mit passenden Produkten, basierend auf dem bisherigen Kaufverhalten sind längst zur Gewohnheit geworden. Ein hoher Standard, den der Einzelhandel nicht leisten kann.
Aus diesem Grund müssen Ladengeschäfte attraktiver für „digitale“ Kund:innen werden. Folgende Möglichkeiten sind dank neuester Technologie längst keine Zukunftsmusik mehr und liefern Ihnen spannende Denkanstöße für die Umsetzung:
- Kundschaft vor dem Geschäft digital ansprechen: Bei sogenannten „Beacons“ handelt es sich um eine Bluetooth-Übertragungstechnik, die relevante Inhalte an Empfängergeräte im geografischen Umkreis senden kann, die von diesen bei Bedarf aufgerufen werden können. Zudem lässt sich analysieren, vor welchen Schaufenstern Kund:innen gerne verweilen und welche Wege sie durch ein Ladengeschäft zurücklegen. Ein Anwendungsbeispiel wäre etwa, potenzieller Kundschaft auf der Einkaufsstraße die neuesten Angebote zu präsentieren und diese damit zum Gang in das Ladengeschäft zu animieren.
- Mobile Endgeräte für Verkäufer:innen: Das Online-Angebot eines Händlers ist oft bedeutend größer als die Auswahl im Laden. Im Gespräch mit der Kundschaft kann es daher hilfreiche sein, auf Alternativen aus dem Online-Shop verweisen zu können.
- RFID-Technik macht Waren schneller auffindbar: In einem Ladengeschäft tummeln sich eine Vielzahl von Menschen, nicht immer werden Schuhe oder Klamotten wieder an den richtigen Ort gehängt. Damit dieser Umstand die Beratung der Kundschaft nicht ausbremst, können RFID-Etiketten, einer auf Radiowellen basierenden Sender- und Empfänger-Technologie, dabei helfen, Ware schneller wiederzufinden.
- Zusätzliche Produktinformationen: Zusätzlich abrufbare Informationen zur angebotenen Ware sind eine weitere Möglichkeit, das Ladengeschäft digital aufzuwerten. So ließen sich etwa die Warenetiketten an speziellen Terminals scannen, um der Kundschaft dann eine Vielzahl weiterer Informationen wie Produktionsort, Sortiment, Pflegehinweise, u.v.m. zu präsentieren.
- Datenschutz und Datenauswertung: Oberste Priorität und ein entscheidender Faktor für die Zufriedenheit und das Vertrauen der Kundschaft hat der Schutz der Daten. Falls jedoch Kund:innen ihre Daten mit dem Einzelhändler teilen, erwarten sie dadurch entscheidende Vorteile für das eigene Einkaufserlebnis wie individuelle Produktvorschläge oder Rabatt- und Treue-Aktionen.
Umdenken: Digitalisierung der internen Kommunikation
Zur Digitalisierung im Einzelhandel gehört für Unternehmen auch ein Umdenken in der internen Kommunikation. Informiert wird meistens per E-Mail oder interne schriftliche Memos. Oftmals dringen interne Informationen nicht bis zu den Angestellten in den Filialen durch, da Mitarbeitende auf der Verkaufsfläche meist noch nicht einmal über eine eigene E-Mail-Adresse verfügen.
An dieser Problematik setzen Mitarbeiter-Apps an. Sie ermöglichen es, einzelnen Mitarbeitenden, kleineren Teams oder auch unternehmensübergreifend sämtlichen Mitarbeiter:innen unmittelbar und in Echtzeit zu erreichen, Dokumente auszutauschen sowie umgekehrt zum internen Informationsfluss beizutragen. Während das Unternehmen Mitarbeitende unkompliziert über neue Rabattaktionen, Produkte sowie andere interne Neuigkeiten informieren kann, können Verkäufer:innen, die das Kommunikationstool immer in der Hosentasche dabei haben, Informationen von der Fläche auf direktem Wege zurückspielen. Dadurch erhält jedes Mitglied der Belegschaft eine Stimme und die nötige Wertschätzung, was sich nachhaltig positiv auf die Mitarbeitermotivation sowie den Zusammenhalt im Team auswirkt.
Eine Mitarbeiter-App ermöglicht nicht nur eine effizientere, sondern auch eine sicherere interne Kommunikation, indem sie die Vorgaben der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erfüllt. Sowohl sensible Firmendaten sowie personenbezogene Daten sind damit jederzeit sicher. Obwohl die App für die Nutzung auf den privaten Endgeräten der Beschäftigten optimiert ist, müssen diese sich keine Gedanken um die eigene Work-Life-Balance machen, da Pushnachrichten deaktiviert werden können und Vorgesetzte etwa die Arbeitszeit des Teams nicht nachvollziehen können.
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